Nachruf auf Dr. Dr. h.c. Günter Kröber – Ehrenpräsident der Rechtsanwaltskammer Sachsen

Blick zurück auf eine bemerkenswerte Persönlichkeit: Rechtsanwalt in der DDR von 1953-1961 und, nach zwischenzeitlichem Berufsverbot, wieder im vereinigten Deutschland ab Januar 1990 – Februar 2024, mehr als ein Berufsleben lang und „lebenslang dem Recht verpflichtet“ (Titel der im Leipziger Universitätsverlag erschienen Biografie, verfasst von Thomas Mayer). Im Alter von 96 Jahren ist Dr. Günter Kröber am 26.9.2024 entschlafen.

Günter Kröber hatte viele anwaltliche und juristische Leben: Jurastudium ab 1946 in Leipzig, Mitglied und Vorsitzender des Fakultätsrates, sowie des Studentenrats – und, ab 1950 Abgeordneter des in der DDR bis 1953 bestehenden Sächsischen Landtages. Nach dem, zeitweise von Exmatrikulation bedrohten, Studium tätig als Anwalt und Strafverteidiger in der DDR, bis er 1961 inhaftiert und ihm die Anwaltszulassung entzogen wurde, nach seiner Freilassung Justiziar der Vereinigung Volkseigener Warenhäuser Centrum, 1970 Promotion an der Leipziger Juristenfakultät zum Thema „Einführung von Käuferrechten in das DDR-Zivil-Gesetzbuch“, im Januar 1990 rehabilitiert und wieder zur Anwaltschaft zugelassen, die zugleich angetragene Berufung zum Staatssekretär im Justizministerium schlug er aus, von 1990 bis 1993 war er Mitglied und FDP-Fraktionsvorsitzender im Sächsischen Landtag, erarbeitete die Sächsische Verfassung mit, gehörte dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof von 1995-1998 an, war Mitglied des MDR-Rundfunkrates und begleitete zahlreiche weitere Ehrenämter.

Ehrungen, ohne Ende, alle verdient, hier nur eine kleine Auswahl: Großkreuz des Bundesverdienstkreuzes, Sächsischer Verdienstorden, Sächsische Verfassungsmedaille, Sächsische Justizmedaille, Prof.-Karol-Plank-Medaille der Tschechischen Rechtsanwaltskammer, Goldene Robe des Leipziger Anwaltsvereins, Ehrenmitglied des Deutschen Anwaltsvereins und des Leipziger Anwaltsvereins, Ehrenpräsident der Rechtsanwaltskammer Sachsen.

1995 wurde Dr. Kröber in den Vorstand der nach der Wiedervereinigung neu gegründeten Sächsischen Rechtsanwaltskammer gewählt; von 2001 bis 2007 war er deren Präsident. Auch wenn es sein eigener Wunsch war, 2007 aus dem Kammervorstand aus „Altersgründen“ auszuscheiden, blieb er weitere annähernd 17 Jahre als Anwalt zugelassen und aktiv.

Die Zeit seiner Vorstandsmitgliedschaft und Präsidentschaft in der Rechtsanwaltskammer war außerordentlich prägend für die Kammer und die Anwaltschaft Sachsens. Neu gebildet 1990 wurden die ersten Jahre in den Aufbau dieser Selbstverwaltung der Anwaltschaft eingebracht. Das Anwaltsbild war bundesweit noch durchdrungen vom Standesrecht der Anwälte, dessen Verstöße von den Kammern hoheitlich sanktioniert wurden. Als Dr. Kröber 2001 zum Präsidenten gewählt wurde, drängten ungeduldige, jüngere Kollegen auf eine Änderung der Ausrichtung, hin zu einem Selbstverständnis der Kammern als Dienstleister für die Anwaltschaft. Dr. Kröber führte in seiner verbindlichen Moderation die Generationen zusammen, vermied Polarisierung und öffnete die Kammer für die Wandlungen, auch in der öffentlichen Wirkung. Legendär sind die von ihm moderierten Jahresempfänge der Rechtsanwaltskammer, in der die zahlreichen Ehrengäste aus Justiz und Gesellschaft schon mal über eine Stunde lang namentlich und jeweils höchst individuell begrüßt wurden. Er kannte alle und jeden und konnte mit allen sachlich-tiefgründige Gespräche in großer Freundlichkeit führen.

Besonders wichtig und immer mit aufrichtig herzlichen Begegnungen verbunden war es ihm, die Kontakte zu „benachbarten“ – weit und fern – ausländischen Kammern zu entwickeln und diese zu einem stabilen, vertrauensvoll-kollegialen Austausch zu gestalten, in konzentrischen Kreisen von den Kammern im benachbarten Polen ausgehend, der Tschechischen Rechtsanwaltskammer, der Kammer in der Slowakei, einbezogen auch die Kammern insbesondere in Bamberg und Stuttgart, über die benachbarten „Alpenrepubliken“, wozu die sächsische und Bamberger Kammern wegen ihrer jeweiligen (sächsischen und fränkischen) Schweiz zählen konnten, bis hin zu Israel und auch in den Jemen. Für diese außerordentliche „diplomatische“ Mission kollegialer, weltweiter Verbundenheit wurde Dr. Kröber auch noch nach seinem Ausscheiden als Kammerpräsident zum Sonderbeauftragten der Bundesrechtsanwaltskammer für die Kammern in den osteuropäischen Ländern bestellt.

Ein solch aktives, bis ins hohe Alter engagiertes und gesellschaftlich teilnehmendes Anwaltsleben – lebenslang dem Recht verpflichtet – ist der Anwaltschaft Auftrag und Vorbild. Wir verabschieden uns von Günter Kröber in ehrendem Gedenken.

Roland Gross
Rechtsanwalt

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